Ich schreibe meine Erfahrung hier nicht auf, um therapeutisch zu schreiben oder meinen Verlust öffentlich aber anonym zu beklagen. Ich bin keine Frau, die hinter der medizinischen Versorgung einer Schwangerschaft eine böse Ärzteschaft wittert. Ich bin nicht die Mutter-Erde Globuli Frau, welche lieber auf ihr Bauchgefühl, als auf harte Fakten hört. Im Gegenteil. Ich liebe harte, wissenschaftliche Fakten. Ich hoffe daher, dass man auch in Deutschland von der Doktrin der Ausschabung als Goldstandard der medizinischen Versorgung von Frühaborten wegkommt. So wie sich auch langsam durchsetzt, dass nicht jeder schmerzende Rücken operiert werden sollte, so sollte auch in Deutschland den Patientinnen mehr informierte Entscheidungsfreiheit gegeben werden, wenn es darum geht, den persönlich richtigen Weg nach einer Fehlgeburt zu finden.
Montag:
Ich hatte mich aufgrund meines Alters (41) bereits seit dem positiven Test mit der Frage beschäftigt, was mich im Falle einer Fehlgeburt erwartet. Kurz hoffte ich, auf der sicheren Seite zu sein, als in den 8. Woche ein Embryo mit Herzschlag festgestellt wurde, aber in Woche 10 war kein Herzschlag mehr vorhanden. Vermutlich starb der Embryo in der 9. Woche und damit ein Traum.
Ich hatte bis dahin keinerlei Blutungen oder Krämpfe, lediglich die kleiner gewordenen Brüste hatten mich schon ahnen lassen, dass der Mitbewohner ausgezogen war.
Mir wurde von meiner schmallippigen Gynäkologin gesagt, dass es eine missed abortion sei und ich zur Ausschabung müsste. Man würde mir gleich einen Termin für den gleichen Tag - oder falls ich ein wenig Zeit bräuchte - für den nächsten Tag machen. Ich war darauf vorbereitet und lehnte die Ausschabung mit den Hinweis auf die zu großen Risiken der Prozedur für den Uterus ab. Meine Ärztin redete die Risiken klein (Wo haben Sie das denn her? Das sind Fälle im Promillebereich!) und holte die großen Geschütze hervor: Blutvergiftung durch den verwesenden Embryo, massive Blutverlste, die innerhalb von Minuten zum Tode führen könnte, Krebs durch das zurückbleibende Stammzellgewebe. Ich versuchte über die Studienlage zu reden, sie machte klar, dass es keine Diskussion geben könne, da ich im Schockzustand sei.
Man hätte meinen können, ich hätte verkündet, für meine Fehlgeburt beim nächsten Vollmond mit einer schwarzen Katze in den Wald zu gehen. Ich bedankte mich für die Infos und verließ die Praxis zusammen mit meinem Freund.
Zuhause überdachten wir noch einmal die Risiken und Optionen. Wir lasen uns noch einmal die medizinischen Studien zu natürlichen Fehlgeburten und chirurgischen Eingriffen durch und tranken eine Flasche Rotwein. Ok, ich trank die Flasche Rotwein.
Unsere Entscheidungsgrundlage:
Die Studienlage ist ziemlich eindeutig in der Hinsicht, dass natürliche Fehlgeburten keine größeren Nachteile gegenüber chirurgischen Eingriffen haben:
In England kommt es bei lediglich 10 % aller Fehlgeburten zu Ausschabungen. Ähnlich sind die Zahlen in den Niederlanden. Der deutsche Weg in über 90 % aller Fehlgeburten eine Ausschabung vorzunehmen ist nicht mehr zeitgemäß und entspricht in keinster Weise dem wissenschaftlichen Stand der Medizin. Und die Drohkulisse, welche von Ärzten aufgebaut wird, ist geradezu mittelalterlich.
Der Goldstandard für die Bewertung von Studien ist die Cochrane Review:
[www.cochrane.org]
Hier eine - vielleicht etwas tendenziöse - Zusammenfassung der Risiken einer Ausschabung nach deutschen Standard:
[www.gl-m.de]
Hier eine Einschätzung der gynäkologischen Abteilung der Universität Insbruck:
[www.kup.at]
(Ich hoffe, die nicht authorisierte Verbreitung wird mir aufgrund der desaströsen deutschen Informationslage nachgesehen.)
Und hier das Informationsblatt für Patientinnen herausgegeben vom Royal College
[www.rcog.org.uk]
Comic Sans hätte nicht sein müssen,...
Und hier die offiziellen Empfehlungen des Royal College für Ärzte:
[www.nice.org.uk]
So. Das war unsere Entscheidungsgrundlage. Wir würden mindestens eine Woche warten, nach Überprüfung der Situation durch einen Arzt auch zwei Wochen.
Dienstag:
Am Morgen setzen spontan hellrote Blutungen ein. (Halleluja?) Keine Schmerzen. Lediglich ein leichter Kater vom Rotwein. Mittags leichte Krämpfe und der Abgang von einem großen Gewebeklumpen. Wir schauten den Dienstag über dem Schnee beim Rieseln zu und machten ansonsten nichts außer traurig sein.
Der Plan war, am nächsten Morgen zur Hausärztin zu gehen und sie über mein Vorhaben zu informieren. An dem Abend bekam ich ironischerweise die Zusage per Email für meinen Hebammentermin. Ich sagte den Kennenlerntermin ab und fragte nach, ob ich auch eine Abortberatung bekommen könnte. Ich bekam einen Termin für den nächsten Tag.
Mittwoch:
Ich ging gleich um acht zu meiner Hausärztin, die mein Vorhaben aufgrund meiner guten körperlichen Verfassung unterstützte und mir einen Termin bei einer anderen Frauenärztin für die folgende Woche besorgte. Ich hätte fast vor Dankbarkeit geheult. Anschließend ging ich zum Hebammentermin. Meine Blutungen waren inzwischen wie eine normale Periode. Die Hebamme bestätigte mir auch, dass eine natürliche Fehlgeburt zu diesem Zeitpunkt der Schwangerschaft (Ende zweiter, Anfang dritter Monat) kein Wahnwitz ist, sondern eigentlich der Normalfall sein sollte. Ab der 11. Woche könnte es etwas schwieriger werden, da die Gebärmutter und der Fötus dann schon deutlich größer seien.
Ich fragte konkret nach, was für Blutmengen normal sind, mit was ich rechnen müsste. Sie schätzte die normale Blutmenge auf 200 - 300 ml. Sollte ich über einen Zeitraum von einigen Stunden mehr als zwei Binden pro Stunde durchbluten und mich unwohl fühlen, sollte ich ins Krankenhaus gehen oder den Rettungswagen rufen. O-Ton: Und selbst wenn sie sehr viel Blut verlieren sollten, wir sind hier in einer Großstadt, egal wo sie umfallen, sie liegen vor einer Arztpraxis. Da die Blutungen bereits eingesetzt hatten, könne ich davon ausgehen, dass der Körper das gerade selber regelt. Sollte nicht alles abgehen, könnte man auch noch medikamentös nachhelfen. Vermutlich würde ich nicht mal einen Embryo sehen.
Ich ging wieder nach Hause, schaute The Walking Dead bis mein Freund von der Arbeit kam und gegen 17 Uhr wurden die Blutungen stärker. Es kamen Krämpfe hinzu, aber nicht mal schlimm genug, um Schmerztabletten zu nehmen. Ich trank viel Wasser und Tee, aß Thai Curry und Kuchen und lag zusammen mit meinem Freund auf dem Sofa und wir schauten die aktuelle Staffel House of Cards. Nicht denken. Zwischen 18 Uhr und Mitternacht war die Blutung sehr stark. Ich bin erst halbstündlich, später stündlich aufgestanden, hab einen ordentlichen Schwall Blut im Bad gelassen und bin zurück aufs Sofa gegangen. Mir ging es körperlich gut, auch wenn mir die Blutmengen etwas Angst gemacht haben, da ich ja nicht wusste, wie lange diese Blutungen nun anhalten würden. Gegen Mitternacht bin ich ins Bett gegangen und habe mir den Wecker für zwei und fünf Uhr gestellt, um zu verhindern, am Morgen in einer Blutlache aufzuwachen. Die Blutungen ließen im Laufe der Nacht jedoch nach.
Donnerstag:
Mein Freund hat sich für den Rest der Woche Urlaub genommen. Am Donnerstagmorgen ging die Plazenta ab und die Blutungen wurden danach regelstark. Ich habe dann jedoch den Fehler gemacht, den Tag über zu wenig zu trinken und zu essen - ich fühlte mich psychisch wie ein Zombie und wollte nichts zu mir nehmen - und bekam gegen Abend prompt die Quittung mit Kreislaufproblemen und einem niedrigen Blutdruck. Was zu einer Panikatacke führte, wodurch die Sache nicht besser wurde. Da ich aber nach meinen Schätzungen maximal 300 ml Blut verloren hatte und weiterhin einen normalen Puls und eine warme, trockene Haut hatte, versuchte ich mich zu beruhigen und bin dann ins Bett gegangen.
Freitag/ Samstag/ Sonntag:
Am Freitag hatte ich nur noch leichte Blutungen (zwei Binden, aber nicht mal wirklich voll), die Samstag anhielten, aber sporadischer und dunkler wurden, seit heute habe ich nur noch leichte Blutungen und Schmierblutungen.
Am Montag werde ich meine Blutwerte von meiner Hausärztin kontrollieren lassen und am Dienstag habe ich einen Termin bei der neuen Gynäkologin, um überprüfen zu lassen, wie weit die Schleimhaut abgeblutet ist und was der HCG Wert macht.
Fazit:
Ich weiß nicht, ob ich Glück hatte oder ob so eine normale Fehlgeburt verläuft.
Ich hatte schon schlimmere Nächte mit Magengrippe oder Lebensmittelvergiftung.
Ich bin froh, dass ich mich nicht einem Krankenhausbetrieb ausliefern lassen musste. Ich habe es zwar nicht geschafft, eine Schwangerschaft auszutragen, aber mein Körper hat es wenigstens anscheinend erfolgreich geschafft, mit der Fehlgeburt klarzukommen. Zusammen mit meinem Freund, der ein Fels in der Brandung ist. In der Privatsphäre meiner Wohnung. Ich hoffe, dass ich um eine Ausschabung herumkomme und der Termin am Dienstag nicht üble Überraschungen bringt.
Hat es mich gestört, einen toten Embryo in mir zu wissen?
Nein, das war mein Kind. Ein Teil von mir. Es durfte sich so viel Zeit lassen, seine Wohnung zu verlassen, wie es wollte.
Hat es mich gestört, dass ich mein "Kind" im Klo runterspülte?
Nein. Wenn ich einen Embryo gesehen hätte, hätte ich ihn rausgefischt und später an einem hübschen Platz verbuddelt. Mir war es so lieber, als die chirurgische Entfernung in einem Operationssaal unter Narkose von einem anonymen Operateur für den ich nur eine Fallpauschale bin. Auf einer Station mit glücklich Schwangeren.
Was ich nicht wieder tun würde:
Was wir als positive Erfahrungen mitnehmen:
Und jetzt versuchen wir aus den Trümmern eines Traumes das Beste zu machen.
Montag:
Ich hatte mich aufgrund meines Alters (41) bereits seit dem positiven Test mit der Frage beschäftigt, was mich im Falle einer Fehlgeburt erwartet. Kurz hoffte ich, auf der sicheren Seite zu sein, als in den 8. Woche ein Embryo mit Herzschlag festgestellt wurde, aber in Woche 10 war kein Herzschlag mehr vorhanden. Vermutlich starb der Embryo in der 9. Woche und damit ein Traum.
Ich hatte bis dahin keinerlei Blutungen oder Krämpfe, lediglich die kleiner gewordenen Brüste hatten mich schon ahnen lassen, dass der Mitbewohner ausgezogen war.
Mir wurde von meiner schmallippigen Gynäkologin gesagt, dass es eine missed abortion sei und ich zur Ausschabung müsste. Man würde mir gleich einen Termin für den gleichen Tag - oder falls ich ein wenig Zeit bräuchte - für den nächsten Tag machen. Ich war darauf vorbereitet und lehnte die Ausschabung mit den Hinweis auf die zu großen Risiken der Prozedur für den Uterus ab. Meine Ärztin redete die Risiken klein (Wo haben Sie das denn her? Das sind Fälle im Promillebereich!) und holte die großen Geschütze hervor: Blutvergiftung durch den verwesenden Embryo, massive Blutverlste, die innerhalb von Minuten zum Tode führen könnte, Krebs durch das zurückbleibende Stammzellgewebe. Ich versuchte über die Studienlage zu reden, sie machte klar, dass es keine Diskussion geben könne, da ich im Schockzustand sei.
Man hätte meinen können, ich hätte verkündet, für meine Fehlgeburt beim nächsten Vollmond mit einer schwarzen Katze in den Wald zu gehen. Ich bedankte mich für die Infos und verließ die Praxis zusammen mit meinem Freund.
Zuhause überdachten wir noch einmal die Risiken und Optionen. Wir lasen uns noch einmal die medizinischen Studien zu natürlichen Fehlgeburten und chirurgischen Eingriffen durch und tranken eine Flasche Rotwein. Ok, ich trank die Flasche Rotwein.
Unsere Entscheidungsgrundlage:
Die Studienlage ist ziemlich eindeutig in der Hinsicht, dass natürliche Fehlgeburten keine größeren Nachteile gegenüber chirurgischen Eingriffen haben:
- Fehlgeburten ohne weitere Eingriffe sind zu circa 80 % erfolgreich - es kann notwendig sein, bei starken Blutungen oder Gewebresten oder Infektionen doch noch medikamentös zu unterstützen oder als letzten Schritt auszuschaben.
- Medikamentös unterstützte natürliche Fehlgeburten sind zu 95 % erfolgreich (d.h. kein weiterer Eingriff ist notwendig)
- Chirurgische Eingriffe sind zu 95 % erfolgreich. Letztere tragen jedoch Narkoserisiken und die Risiken des Eingriffs der Ausschabung für den Uterus. (Interessanterweise können auch bei der blind durchgeführten Ausschabung Gewebreste zurück bleiben, so viel zu dem Krebsrisiko durch verbleibendes Gewebe,...)
In England kommt es bei lediglich 10 % aller Fehlgeburten zu Ausschabungen. Ähnlich sind die Zahlen in den Niederlanden. Der deutsche Weg in über 90 % aller Fehlgeburten eine Ausschabung vorzunehmen ist nicht mehr zeitgemäß und entspricht in keinster Weise dem wissenschaftlichen Stand der Medizin. Und die Drohkulisse, welche von Ärzten aufgebaut wird, ist geradezu mittelalterlich.
Der Goldstandard für die Bewertung von Studien ist die Cochrane Review:
[www.cochrane.org]
Hier eine - vielleicht etwas tendenziöse - Zusammenfassung der Risiken einer Ausschabung nach deutschen Standard:
[www.gl-m.de]
Hier eine Einschätzung der gynäkologischen Abteilung der Universität Insbruck:
[www.kup.at]
(Ich hoffe, die nicht authorisierte Verbreitung wird mir aufgrund der desaströsen deutschen Informationslage nachgesehen.)
Und hier das Informationsblatt für Patientinnen herausgegeben vom Royal College
[www.rcog.org.uk]
Comic Sans hätte nicht sein müssen,...
Und hier die offiziellen Empfehlungen des Royal College für Ärzte:
[www.nice.org.uk]
So. Das war unsere Entscheidungsgrundlage. Wir würden mindestens eine Woche warten, nach Überprüfung der Situation durch einen Arzt auch zwei Wochen.
Dienstag:
Am Morgen setzen spontan hellrote Blutungen ein. (Halleluja?) Keine Schmerzen. Lediglich ein leichter Kater vom Rotwein. Mittags leichte Krämpfe und der Abgang von einem großen Gewebeklumpen. Wir schauten den Dienstag über dem Schnee beim Rieseln zu und machten ansonsten nichts außer traurig sein.
Der Plan war, am nächsten Morgen zur Hausärztin zu gehen und sie über mein Vorhaben zu informieren. An dem Abend bekam ich ironischerweise die Zusage per Email für meinen Hebammentermin. Ich sagte den Kennenlerntermin ab und fragte nach, ob ich auch eine Abortberatung bekommen könnte. Ich bekam einen Termin für den nächsten Tag.
Mittwoch:
Ich ging gleich um acht zu meiner Hausärztin, die mein Vorhaben aufgrund meiner guten körperlichen Verfassung unterstützte und mir einen Termin bei einer anderen Frauenärztin für die folgende Woche besorgte. Ich hätte fast vor Dankbarkeit geheult. Anschließend ging ich zum Hebammentermin. Meine Blutungen waren inzwischen wie eine normale Periode. Die Hebamme bestätigte mir auch, dass eine natürliche Fehlgeburt zu diesem Zeitpunkt der Schwangerschaft (Ende zweiter, Anfang dritter Monat) kein Wahnwitz ist, sondern eigentlich der Normalfall sein sollte. Ab der 11. Woche könnte es etwas schwieriger werden, da die Gebärmutter und der Fötus dann schon deutlich größer seien.
Ich fragte konkret nach, was für Blutmengen normal sind, mit was ich rechnen müsste. Sie schätzte die normale Blutmenge auf 200 - 300 ml. Sollte ich über einen Zeitraum von einigen Stunden mehr als zwei Binden pro Stunde durchbluten und mich unwohl fühlen, sollte ich ins Krankenhaus gehen oder den Rettungswagen rufen. O-Ton: Und selbst wenn sie sehr viel Blut verlieren sollten, wir sind hier in einer Großstadt, egal wo sie umfallen, sie liegen vor einer Arztpraxis. Da die Blutungen bereits eingesetzt hatten, könne ich davon ausgehen, dass der Körper das gerade selber regelt. Sollte nicht alles abgehen, könnte man auch noch medikamentös nachhelfen. Vermutlich würde ich nicht mal einen Embryo sehen.
Ich ging wieder nach Hause, schaute The Walking Dead bis mein Freund von der Arbeit kam und gegen 17 Uhr wurden die Blutungen stärker. Es kamen Krämpfe hinzu, aber nicht mal schlimm genug, um Schmerztabletten zu nehmen. Ich trank viel Wasser und Tee, aß Thai Curry und Kuchen und lag zusammen mit meinem Freund auf dem Sofa und wir schauten die aktuelle Staffel House of Cards. Nicht denken. Zwischen 18 Uhr und Mitternacht war die Blutung sehr stark. Ich bin erst halbstündlich, später stündlich aufgestanden, hab einen ordentlichen Schwall Blut im Bad gelassen und bin zurück aufs Sofa gegangen. Mir ging es körperlich gut, auch wenn mir die Blutmengen etwas Angst gemacht haben, da ich ja nicht wusste, wie lange diese Blutungen nun anhalten würden. Gegen Mitternacht bin ich ins Bett gegangen und habe mir den Wecker für zwei und fünf Uhr gestellt, um zu verhindern, am Morgen in einer Blutlache aufzuwachen. Die Blutungen ließen im Laufe der Nacht jedoch nach.
Donnerstag:
Mein Freund hat sich für den Rest der Woche Urlaub genommen. Am Donnerstagmorgen ging die Plazenta ab und die Blutungen wurden danach regelstark. Ich habe dann jedoch den Fehler gemacht, den Tag über zu wenig zu trinken und zu essen - ich fühlte mich psychisch wie ein Zombie und wollte nichts zu mir nehmen - und bekam gegen Abend prompt die Quittung mit Kreislaufproblemen und einem niedrigen Blutdruck. Was zu einer Panikatacke führte, wodurch die Sache nicht besser wurde. Da ich aber nach meinen Schätzungen maximal 300 ml Blut verloren hatte und weiterhin einen normalen Puls und eine warme, trockene Haut hatte, versuchte ich mich zu beruhigen und bin dann ins Bett gegangen.
Freitag/ Samstag/ Sonntag:
Am Freitag hatte ich nur noch leichte Blutungen (zwei Binden, aber nicht mal wirklich voll), die Samstag anhielten, aber sporadischer und dunkler wurden, seit heute habe ich nur noch leichte Blutungen und Schmierblutungen.
Am Montag werde ich meine Blutwerte von meiner Hausärztin kontrollieren lassen und am Dienstag habe ich einen Termin bei der neuen Gynäkologin, um überprüfen zu lassen, wie weit die Schleimhaut abgeblutet ist und was der HCG Wert macht.
Fazit:
Ich weiß nicht, ob ich Glück hatte oder ob so eine normale Fehlgeburt verläuft.
Ich hatte schon schlimmere Nächte mit Magengrippe oder Lebensmittelvergiftung.
Ich bin froh, dass ich mich nicht einem Krankenhausbetrieb ausliefern lassen musste. Ich habe es zwar nicht geschafft, eine Schwangerschaft auszutragen, aber mein Körper hat es wenigstens anscheinend erfolgreich geschafft, mit der Fehlgeburt klarzukommen. Zusammen mit meinem Freund, der ein Fels in der Brandung ist. In der Privatsphäre meiner Wohnung. Ich hoffe, dass ich um eine Ausschabung herumkomme und der Termin am Dienstag nicht üble Überraschungen bringt.
Hat es mich gestört, einen toten Embryo in mir zu wissen?
Nein, das war mein Kind. Ein Teil von mir. Es durfte sich so viel Zeit lassen, seine Wohnung zu verlassen, wie es wollte.
Hat es mich gestört, dass ich mein "Kind" im Klo runterspülte?
Nein. Wenn ich einen Embryo gesehen hätte, hätte ich ihn rausgefischt und später an einem hübschen Platz verbuddelt. Mir war es so lieber, als die chirurgische Entfernung in einem Operationssaal unter Narkose von einem anonymen Operateur für den ich nur eine Fallpauschale bin. Auf einer Station mit glücklich Schwangeren.
Was ich nicht wieder tun würde:
- eine Wärmflasche benutzen. Die Wärme verstärkt die Durchblutung anscheinend, wodurch die Blutungen stärker werden und der Kreislauf etwas labil wird.
- nach persönlichen Erfahrungen in Internetforen googeln. Es sei denn, man steht auf Horrorstories. Manches las sich wie Szenen aus Carrie - Tochter des Satans.
- nach Empfehlungen für Kliniken für den Notfall googeln. Noch mehr Horrostories.
- zu wenig Essen und Trinken. Schlecht für den Kreislauf.
Was wir als positive Erfahrungen mitnehmen:
- ich habe mal wieder der medizinischen Metzgerinnung den Stinkefinger gezeigt und mich als mündiger Patient erwiesen.
- der Körper kriegt im Normalfall ziemlich viel alleine geregelt, wenn man ihn lässt und sich vernünftig verhält. Worst Case Szenarien sollten nicht die Richtlinien für medizinisches Vorgehen vorgeben.
- ich bin zäh und verlier auch in Krisen nicht den Kopf. Das gleiche gilt für meinen Freund, der ein echter Stoiker ist. Wir sind ein großartiges Team und vertrauen dem anderen zutiefst.
- Netflix saved the day. Die aktuelle Staffel House of Cards ist die bisher beste.
Und jetzt versuchen wir aus den Trümmern eines Traumes das Beste zu machen.