Am 17. Juni 2015 werden unsere perfekten, wünderschönen Zwillingsjungen geboren.
Wie sehr haben wir diese beiden kleinen Wunder, diese absoluten Wunschkinder erwartet...uns auf ein Leben mit Ihnen gefreut. Doch unser Schicksal war ein anderes...zurückbleiben mein Mann und ich mit unsagbar viel Liebe im Herzen für unsere Bärchen und genau so viel Schmerz und Sehnsucht.
Jonas wird um 20.40 Uhr mit 555 g und 29 cm geboren - der große kleine Bär ist kurz vor der Geburt in meinem Bauch gestorben
Julian wird um 20. 55 Uhr mit 480 g und 30 cm geboren - der kleine Bär lebt 2 Minuten, bevor er zu seinem Bruder zu den Sternen zieht
Ende 2010 beschließen mein Mann und ich eine Familie zu werden...wir wollen ein Kind. Wir sind zwar noch sehr jung, aber schon einige Jahre ein Paar - eine Jungendliebe. Ganz naiv und voller Hoffnung glauben wir auch das es bald funktioniert.
Im Mai 2011 heiraten wir - ein wunderschöner Tag. Jetzt darf der Nachwuchs erst recht kommen. Doch schwanger werde ich nicht.
Nach einiger Zeit und einigen Arztterminen haben wir die Gewissheit, dass das Schwanger-Werden nicht so einfach für uns wird. Ich habe PCO,
Insulinresistenz, zu viele
männliche Hormone, keine Eisprünge. Mein Mann hat ein stark eingeschränktes
Spermiogramm. Künstliche Befruchtung wird der Weg sein, den wir gehen müssen. Aber es ist in Ordnung: wir sind jung, wir lieben uns, wir schaffen das.
Da ich noch keine 25 war, werden die Behandlungen auf 2014 verschoben. In der Zwischenzeit probieren wir es "einfach so". Unseren ersten Hochzeitstag verbringen wir im Krankenhaus, meinem Mann wurde eine
Varikozele entfernt. Viele Monate voller hoffen und bangen, aber es passiert kein "Wunder". Aber auch das ist in Ordnung: wir wachsen als Paar noch mehr zusammen, ich komme endlich von meinem furchtbaren Arbeitgeber los, bin auf der neuen Arbeit zufrieden, wir erfüllen uns unseren Traum von der Karibikreise, wir sind glücklich. Ganz bestimmt werden wir bald Eltern.
2014 hat sich das
Spermiogramm verbessert. Wir versuchen es erst einmal mit
IUI. Viermal kassieren wir ein "Negativ". Auch das ist in Ordnung, wir sehen die 4
IUIs als "Probelauf" für die "richtige
künstliche Befruchtung". Wir machen eine kurze Pause und wollen ab Januar 2015 mit
ICSI starten. Ich versuche mir nicht all zu viel Hoffnung zu machen: wer wird denn schon bei der ersten
ICSI schwanger?! ...kenne doch einige lange "KIWU-Karrieren" hier aus dem Forum...versuche mich darauf vorzubereiten wieder ein Negativ zu kassieren....wir werden doch nicht so viel Glück haben?! Dafür haben wir doch noch garnicht so viel durchmachen müssen....andere haben einen viel härteren Leidensweg hinter sich.
Doch es kommt anders...
Am 30.01.15 ziehen zwei hübsche 4-Zeller bei mir ein. Wir sehen das erste Mal das Bild von unseren kleinen "Zellhaufen" und schließen sie direkt in unser Herz...das sind UNSERE Babies. Einige Tage vor dem BT habe ich einen Traum: ich erfahre in der 22. SSW, dass ich mit zwei Jungen schwanger bin....seitdem ist für mich klar, dass wir Eltern von Zwillingsjungen werden.
Am 17.02.15, unserem 11. Jahrestag, Anruf in der KIWU um das BT-Ergebnis zu erfahren: Herzlichen Glückwunsch, sie sind schwanger!!! Wir sind sprachlos, können es nicht glauben...ich frage noch schnell nach dem HCG..2750!!!
Mein Mann und ich weinen vor Freude...was für ein unbeschreibliches Gefühl...wir werden Eltern...wir sind schwanger...wir sind so glücklich. Ich sage ihm noch "bei dem
HCG-Wert haben es sich bestimmt beide gemütlich gemacht, wir bekommen mit Sicherheit Zwillinge"
Und so ist es dann auch, beim ersten US sehen wir zwei Embryonen. Beide Herzchen blubbern...ein tolles Geräusch...seit diesem Tag mein Lieblings-Geräusch.
Die Schwangerschaft verläuft bis zur 19. SSW fast problemlos. Bis auf einen Schreckmoment in der 8. SSW wegen einer Blutung, geht es mir sehr gut. Auch das Bäuchlein wird langsam rund...ich bin so stolz...ich werde Zwillings-Mami...das Leben ist so schön..wir sind so dankbar für diese beiden Wunder-Bärchen in meinem Bauch. So langsam spüre ich Ihre Tritte...halte dann immer kurz die Luft an um diesen tollen Moment zu genießen. Ein richtiges Outing hatten wir noch nicht, aber es sieht lt. FA nach einem Pärchen aus. Aber ich bin immernoch davon überzeugt, dass es zwei Jungen werden.
Bei einem regulären Kontrolltermin, stellt die FA bei 18+0 fest, dass mein GMH sich von 4 cm auf 3 cm verkürzt hat. Mir wird Bettruhe verordnet, ich bekomme ein BV. Der GMH erholt sich wieder auf 3,5 cm. Den beiden Bärchen geht's gut...ich schone mich..liege die meiste Zeit. Mit viel Liegen wird doch sicherlich alles gut...
Bei 19+5 habe ich seltsame Bauchschmerzen...wir fahren ins Krankenhaus. Jetzt beginnt die ganze Tragödie.
Doch bis zum Schluss habe ich so viel Hoffnung gehabt meine geliebten Bärchen behalten zu dürften. Das ich sie verlieren würde, dass wir keine Zukunft mit ihnen haben würde...das passiert uns doch nicht. Wir lieben sie doch sehr sehr...wir wollen sie doch glücklich machen...ihnen ein schönes Leben bieten..sowas passiert uns nicht. Sie sind unsere kleinen großen Wunder...wir werden unsere Wunder nicht verlieren.
Wenigsten bis 28+0 werde ich es doch schaffen...werde für den Rest der Schwangerschaft liegen...ich nehm alles auf mich..ich werde alles ertragen...wir werden glücklich..
Alles Hoffen und Beten brachte nichts. In der Nacht vom 16. auf den 17. Juni habe ich furchtbare Schmerzen im Rücken. Auf dem Tokogramm werden aber kaum Wehen geschrieben. Ich habe auch eine leichte Blutung. Von dem diensthabenden Arzt fühle ich mich nicht ernst genommen. Ich bekomme Diazepam zur Beruhigung und Buscopan gegen die Schmerzen. Helfen tut es nicht..ich weine die ganze Nacht durch...weine den ganzen Morgen. Dann kommt der Professor, tastet meinen Bauch ab (auf die Idee sind die Ärtze vorher nicht gekommen). Der Bauch ist nicht aufgebläht, also keine Blähungen, wie von den anderen Ärzten vermutet. Es sind WEHEN...
Ich muss zur Untersuchung der Muttermund ist schon 3 cm offen..
Aber ich verstehe nicht was das bedeuten soll...vielleicht setzte hier schon der Schock als Schutzfunktion ein..ich gebe doch meine Bärchen jetzt nicht her...ich bleibe weiter schwanger.
Ich frage noch, weil ich fest überzeugt bin, dass alles gut geht, ob ich denn morgen den Termin zur Feindiagnostik wahr nehmen kann. Der Professor lächelt mich nur sanft an und schüttelt mit dem Kopf. Jetzt bekomme ich PANIK. Nein, nein, nein...alles wird gut...ich bin doch hier, damit meine Babies im Oktober kommen und NICHT jetzt.
Zurück auf meinem Zimmer bitte ich meinen Mann zu kommen. Er verlässt wortlos die Arbeit...er ahnt, dass wir heute sehr sehr unglücklich werden.
Dann geht alles so schnell...ich komme mir vor, wie im falschen Film. Das alles passiert doch nicht wirklich...ich werde aufwachen und dann ist wieder alles gut.
Ich bekomme starke Blutungen, es wird festgestellt, dass Fruchtwasser abgeht. Aufeinmal sitzt der Kinderarzt von der Intensivstation neben mir. Was will der hier? Wir brauchen ihn nicht...meine Bärchen werden nicht zu früh kommen...vor allem doch nicht heute.
Er erklärt uns, dass man den Babies Morphium geben würde, damit sie nicht leiden müssten...aber man würde versuchen alles erdenklich Mögliche für die Babies zu tun...
Was soll das? Wovon spricht er? Es wird doch alles gut gehen...ganz sicher. Und wir haben doch noch keine Namen festgelegt. Die Babies können noch nicht kommen...wir haben doch noch keine Namen...wir wissen doch garnicht welches Geschlecht.
Ich habe 40fach erhöhte Entzündungswerte...bekomme Antibiotika. Solange die Entzündung da ist, bekomme ich keine Wehenhemmer. Ich bekomme Schmerzmittel i.V., denke noch "soviel Paracetamol ist doch nicht gut für die Babies.". Die Ärzte wissen wie es heute ausgehen wird...und wir hoffen ganz naiv weiter, dass alles gut werden wird.
Die erste Fruchtblase platzt, ich werde in den Kreissaal gefahren. Mein Mann und meine Schwester, die mich eigentlich nur spontan besuchen wollte, kommen mit.
Es wird US gemacht...das Herzchen des führenden Zwillings schlägt nicht mehr. Ich glaube den Ärtzen nicht...die haben sich bestimmt verguckt.
Mir wird gesagt, dass die Babies jetzt geboren werden müssen...ich hätte eine starke Infektion...mein Leben ist in Gefahr. Die Geburt lässt sich nicht aufhalten.
Mein Leben? Wieso geht's jetzt um mich? Rettet doch bitte jetzt meine Schwangerschaft...ich will die Bärchen doch nicht hergeben. Die gehören in meinen BAUCH!!!
Mir wird der Wehentropf angehangen, die Schmerzen sind unerträglich, ich muss mich übergeben. Es kommt eine Wehe nach der anderen. Und ich denke nur: jetzt wirst du Kinder gebären, du wirst jetzt wissen, was eine Geburt ist...musst diese ganzen Schmerzen erleiden und wirst nicht mit gesunden, schreienden Kindern belohnt...das hier läuft doch alles falsch. So war nicht der Plan. Wieso stoppt das niemand. Das ist nicht richtig...
Das erste Baby wird geboren. Die Hebamme sagt "ein kleiner Junge..möchten Sie Ihr Kind halten?"
Natürlich möchte ich...was für eine Frage. Wir nennen das große kleine Bärchen Jonas. Jonas liegt auf meinem Bauch. Alle Schmerzen sind in diesem Moment vergessen...dieses wundervolle kleine Menschlein macht uns so stolz. Ich bin Mama...mein Mann ist Papa..
Jonas ist so niedlich...so zart und so klein. Und leider tot.
Die Wehen gehen wieder los. Die Hebamme nimmt Jonas. Sein Geschwisterchen macht sich auch den Weg,
Aufeinmal füllt sich der Raum...es kommt ein Haufen Kinderärzte und -schwestern rein...sie wollen dem zweiten Baby helfen..
Mein kleines Bärchen wird geboren. Die Kinderärtze nehmen ihn direkt zu sich...untersuchen ihn. Zuerst heißt es "keine Lebenszeichen" ..dann doch...das Baby lebt...aber sie geben es mir nicht. Warum gebt ihr es mir nicht???? Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, dann wird mir mein zweites Kind gereicht. Ich frage "lebt es?" Die Antwort ist "Nein!".
Das kleine Bündel wird auch auf meinen Bauch gelegt...es ist auch ein Junge.
Genauso niedlich, wie sein Brüderchen. Genauso zart und klein und genauso tot.
Wir nennen das kleine Bärchen Julian...es passt so zu ihm.
Mein Mann weint so sehr....so sehr habe ich ihn noch nie weinen gehört. Ich kann nicht wirklich weinen...ich habe nicht realisiert, was da gerade mit uns passiert ist. Ich sehe nur diese wunderschönen kleinen Jungen auf meinen Bauch. Ich bin ihre Mami..mein Herz läuft über vor Liebe. Wie viel schöner wäre dieser Moment, wenn er im Oktober wäre und beide Bärchen würden leben.
Irgendwann kommen meine Eltern und Schwiegereltern in den Kreissaal. Ich vergesse alles um mich rum...sehe nur meine Kinder, schnupper an ihnen, streichle sie, bewundere sie. Diese kleinen Näschen, Öhrchen und Händchen....alles so perfekt und weich.
Mein Mann darf in meinem Zimmer übernachten. Jonas und Julian kommen mit aufs Zimmer. Nun sind wir zu viert. Für einen kurzen Augenblick ist alles perfekt..so wie es sein sollte...wir sind Eltern. Doch die Erkentnnis kommt schnell und schmerzhaft: wir dürfen sie nicht behalten!!!
Ich will meine Babies zurück...bitte, bitte, bitte..lass das alles nicht wahr sein. Sie müssen doch jetzt in meinem Bauch sein...ich will ihre Tritte spüren. Jemand muss die Zeit zurück drehen...
Am 25. Juni 2015 wurden unsere Bärchen Jonas und Julian beerdigt. Unsere Welt steht still.
Wir sind nun Eltern von zwei perfekten, niedlichen Jungen. Wir sind so dankbar, dass wir euch lieben dürfen.
Wenn unsere Kinder sterben, bleiben wir nicht übrig, wie wir waren. Unser Leben ist nun ein anderes. Die Zeit wird zeigen, wie wir damit leben lernen.
Aber im Herzen bleibt so viel Liebe und Dankbarkeit.
- Das größte Geheimnis ist das Leben. Das tiefste Geheimnis ist die Ewigkeit. Das schönste Geheimnis ist die Liebe.
Geheimnis, dem selbst der Tod machtlos gegenübersteht.-