Am Freitag den 05.02.2016 haben wir uns von unseren Zwillingen in der 22. SSW verabschieden müssen.
Ich bin so traurig und weiß gar nicht wo ich anfangen soll.
Ich bin jetzt 43 und mein Mann und ich wollen seit 10 Jahren Kinder.
Ich wurde beim ersten Mal auf natürlichem Wege schwanger (nach 2 Jahren versuchen), hatte aber eine
Fehlgeburt noch vor Herzaktivität.
Wir versuchten es jeden Monat weiter, aber es wollte einfach nicht mehr klappen.
Irgendwann beschlossen wir den Schritt der künstlichen Befruchtung zu gehen. Aber dafür waren wir jetzt schon spät dran. Ich war schon 39 zu dem Zeitpunkt. Irgendwie war die Zeit einfach an uns vorbei gerast und uns waren die Konsequenzen immer erst viel zu spät bewusst.
Wir schafften noch zwei
künstliche Befruchtungen mit Hilfe der Krankenkasse. Beide male konnten mir 2 befruchtete Eizellen eingesetzt werden, beide male wurde ich nicht schwanger.
Wir planten einen dritten Versuch auf eigene Kosten. Einige Tage vor Weihnachten stellte ich überrascht fest, dass ich wieder auf natürlichem Wege schwanger geworden war. Einen Tag vor Silvester habe ich es wieder verloren.
Wir entschieden uns letztendlich für eine Eizellspende. Naja, ich entschied mich dazu, mein Mann brauchte noch etwas Zeit um sich damit anzufreunden.
Wir suchten uns eine Klinik in Madrid und machten im Juni 2015 unseren ersten Versuch. Die Kosten waren für uns keine Kleinigkeit, aber wir brachten das Geld auf. Wir hatten kein Glück. Nicht nur, dass wir nur zwei befruchtete Eizellen raus bekamen, ich wurde auch nicht schwanger.
Wir entschieden uns für einen weiteren Versuch. Eigentlich steckten wir unser ganzes Erspartes in die nächste Eizellspende. Und ich ging zusätzlich noch zu einer Ärztin, die ich im Netz gefunden hatte. Sie war auf Kinderwunschbehandlung mit Hilfe von traditioneller chinesischer Medizin spezialisiert und versorgte mich mit
Akupunktur, Granulaten und arbeitete gleichzeitig noch mit einem Immunologen zusammen. Dazu bekam ich noch Omegaven Infusionen. Natürlich bezahlten wir auch das alles selber.
Im September machten wir dann den zweiten Versuch und mit der zweiten Spenderin hatten wir dann auch mehr Glück. Diesmal bekamen wir 4
Blastozysten raus, zwei wurden mir eingesetzt, zwei froren wir ein.
Am Dienstag den 12.10.2015 war ich offiziell schwanger. Am Freitag bekam ich Blutungen. Ich dachte, das war es schon wieder. Aber beide unsere Zwerge setzten sich durch. Zum ersten mal hatten wir Herzschläge:-)
Wir waren so glücklich. Ich kämpfte 3 Wochen mit Blutungen (und hatte auch immer wieder mal einen Tag Blutungen nach vaginalen Ultraschalluntersuchungen). Dann ging ich nahtlos in die Schwangerschaftsübelkeit über. Ich musste zwar nicht ins Krankenhaus, aber es war schlimm genug, so das ich nicht arbeiten konnte. Kurz vor Weihnachten ging es mir dann besser und ab Januar ging ich dann wieder arbeiten.
Für genau zwei Wochen. Dann bekam ich ein Beschäftigungsverbot. Mein Blutdruck ging hoch. Ich ging alle 14 Tage zum Frauenarzt und kontrollierte jeden Tag meine Blutdruckwerte selber (sie sollten einen gewissen Wert nicht überschreiten). Zusätzlich war ich auch bei einer Kardiologin und schonte mich (lag also nur auf dem Sofa und schaute Fernsehen).
Ich hätte einfach alles getan für die beiden Zwerge. Aber das sollte einfach nicht reichen. Aus heutiger Sicht, frage ich mich, warum kein Arzt die Warnzeichen erkannt hat oder warum ich die Warnzeichen so falsch gedeutet hatte. Ich war doch immer so vorsichtig und bin immer direkt zum Arzt gelaufen, nur nicht als es darauf an kam. Ich fühle mich einfach schuldig, egal was alle sagen.
Eine Woche vor der
Fehlgeburt war ich noch zur Kontrolle bei meinem Frauenarzt gewesen. Er hatte meinen Gebärmutterhals kontrolliert, Urin und Scheidenmilieu geprüft. Alles okay.
Den Montag danach waren wir beim 2. Trimester Screening. Der Fruchtwassergehalt des einen Babies war leicht erhöht, das sollte im Auge behalten werden. Der Arzt ging aber davon aus, dass sich das selber regulieren würde und wollte eine Kontrolle in 4 Wochen. Mein Frauenarzt wollte eine zweite Meinung innerhalb von 14 Tagen. Ich kümmerte mich sofort um einen Termin in der Uniklinik und sollte schon einen in der Folgewoche haben.
Es war nicht so, dass sonst etwas auffällig gewesen wäre, unsere Babies waren völlig in Ordnung und beide Herzen schlugen.
Am Mittwoch fing es an. Ich hatte gerade mal den ersten Tag das Blutdruckmittel genommen, hatte aber schon das Gefühl das wirkt gar nicht. Aber kann man das nach einem Tag schon sagen? Ich hatte auch das Gefühl ich blutete wieder, aber da wir gerade das Screening gemacht hatten, dachte ich mir nichts dabei. Und ich sah auch nicht wirklich Blut, mir kam lediglich die Slipeinlage fleckiger vor. Am Donnerstag machte ich noch vorsorglich einen PH-Test zu Hause. Auch hier viel mir auf, dass ich an dem Handschuh nicht wie sonst milchige Flüssigkeit hatte, sondern bräunliche. Ich blutete also, nicht neues, dachte ich. Der PH-Wert war aber okay.
Donnerstag Mittag kam dann ein leichtes Ziehen im Bauch dazu. Aber auch dazu dachte ich mir nicht viel. Ich hatte nach den langen Screenings immer etwas Ziehen im Bauch in den folgenden Tagen und erst recht, wenn ich auch noch ein bisschen blutete. Meistens waren die nach einer Nacht wieder weg, wenn auch die Blutung aufhörte. Ich rief trotzdem meinen Frauenarzt noch an, aber der hatte an dem Nachmittag zu. Hier im Rheinland war Weiberfastnacht.
Ich beschloss die Nacht zu warten. Es war doch nur ein leichtes Ziehen und Blut war auch nicht wirklich da.
Das Ziehen ging nicht weg. Heute weiß ich, das waren vermutlich schon leichte Wehen. So gegen Mitternacht war ich noch auf Toilette und hatte zwei braune Blutpfropfen am Toilettenpapier. Auch da weiß ich heute, dass war wohl die Muttermund-Verstöpselung. Ich hielt es einfach für getrocknetes Blut, so wie ich das halt immer hatte wenn ich blutete.
Morgens fuhren wir direkt zum Frauenarzt und der schickte uns sofort in die Uniklinik. Mein Blutdruck war ihm zu hoch und ich hatte Eiweiß im Urin (Ultraschall hat er nicht gemacht). Wir waren allerdings überfordert wo wir in der Uniklinik hin mussten. Wir waren den Schildern zum Kreissaal gefolgt, fragten aber an der Info nach der Frauenklinik. Die ist aber in einem völlig anderen Gebäude und wir gingen zu Fuß den Weg dort hin (eigentlich nicht wirklich eine große Strecke, zumindest normalerweise). Dort sagte man uns dann, dass wir ab der 20. SSW in den Kreissaal müssten. Also mussten wir wieder zurück gehen. Woher sollten wir das wissen?
Mein Ziehen wurde stärker und mein Mann wollte schon ein Taxi für den kurzen Weg zurück nehmen, doch es war kein Taxi in Sicht. Und soweit war der Weg ja auch nicht.
Im Kreissaal angekommen, dann die schreckliche Realität. Mein Muttermund war offen und ich verlor Fruchtwasser. Einige Minuten später lag ich richtig in den Wehen und eine Stunde später platzte mir die erste Fruchtblase. Zwei Stunden später die zweite und beide Kinder kamen tot zu Welt.
Das Ganze ist jetzt eine Woche her und ich könnte immer noch den ganzen Tag heulen. Ich trage noch immer meine Schwangerschaftshosen, obwohl das gar nicht mehr nötig wäre. Ich weiß einfach nicht, wie man damit umgehen soll. Ich will meine Emma und meinen Finn zurück!
Mein Frauenarzt hat mich 4 Wochen krank geschrieben, aber ich weiß nicht, ob das auch nur ansatzweise reicht.
Wie lange wart ihr krank geschrieben?
Wie seit ihr damit umgegangen?
Wann wurde es besser?
Und ich kann mir auch nicht vorstellen, wieder ins Büro zu gehen, ich hatte damit doch schon abgeschlossen. Wann seit ihr wieder arbeiten gegangen?
Und dann dieser Zeitdruck, wegen unseres Alters.
Versuchen wir es noch mal?
Und wenn, wie viel Zeit können wir uns überhaupt zum Trauern lassen?
Habt ihr danach nochmal versucht schwanger zu werden?
Wie seit ihr mit der Angst einer weiteren
Fehlgeburt umgegangen?
Seit der Schwangerschaft mit meinen Zwillingen weiß ich, ich will Kinder nicht mehr aus meinem Leben streichen. Selbst wenn wir keine eigenen Kinder mehr bekommen sollten. Ich denke darüber nach, mich vielleicht auch beruflich neu zu orientieren. Vielleicht Tagesmutter zu werden? Aber ich habe überhaupt keine Erfahrungen mit Kindern, habe noch nie ein Kind gewickelt oder überhaupt groß Kontakt mit Kindern. Mir ist auch klar, dass ich erst mal herausfinden müsste, ob ich das überhaupt könnte?
Und bin ich vielleicht auch schon zu alt dafür?
Haltet ihr mich für verrückt?
Für eure Antworten bin ich dankbar.